Time to Say Goodbye

Liebe Gäste,

ich feiere in diesem Moment ein Jubiläum. Heute vor genau zehn Jahren habe ich meine Ausbildung in der Diskothek Joy begonnen und seitdem jedes Wochenende hier verbracht. Zehn Jahre Gastronomie prägen einen persönlich, besonders als Besitzer einer eigenen Diskothek. Ich habe auf meinen Weg viele goldene Momente sammeln dürfen. Das Gefühl bei unserer Wiedereröffnung nach 19 Monaten Coronapause war ähnlich krass, wie die Stimmung am Joygeburtstag mit Finch Asozial. Wir haben neben drei umgebauten Floors eine wahre Erfolgsgeschichte geschrieben! Meine Weggefährten, einige kenne ich seit Beginn, waren die starken Arme für meine verrückten Ideen! Erinnern wir uns kurz an Partys wie die Project Joy, mit Kunstrasen auf der Tanzfläche und Bäumen im Club. Auch weit oben im Ranking waren Partys mit Kissen- oder Tortenschlachten! Von Konfetti, Holipulver und Schaum möchte ich hier garnicht erst anfangen. Ich konnte durch mein Team meinen Wahnsinn voller Entertaiment ausleben und hierfür bin ich mehr als dankbar.

Seit der Eröffnung von Nordic Bowling änderte sich jedoch vieles in meinem Leben. Vom 1.11.21 führte mein langjähriger Betriebsleiter Tim mit Unterstützung vom technischen Leiter Julien den Laden. Ich erfuhr seither nur in unserem wöchentlichen Montagsmeeting was abging. Klar hatte ich die Zügel in der Hand, aber jetzt kann ich es mir eingestehen: Wenn du selber nicht im Laden stehst, dann hat kein Ergebnis, kein Prozess, keine Innovation deine vollständige Perfektion. Profis mögen es jetzt Missstand im Management nennen, aber Disko ist nun einmal Kunst, Perfektion und Kultur. Und ohne das Licht seines Künstlers verblüht die Blume des Schaffens langsam aber sicher.

Und hier sind wir also jetzt. Klar mein Unternehmen hat sich entwickelt, aber wir stehen auf absolut wackeligen Beinen. Das Jahr 23 ist seit April für uns als Nachtleben zu einem Höllenjahr geworden, denn neben Krieg und Energiekosten hat die Inflation eine böse Schere aufgezogen! Auf der einen Seite ICH mit Miete, Mindestlohn, Gema, Dienstleistern und Einkauf und auf der anderen Seite steht IHR, mit weniger Taschengeld oder bzw. weniger Gegenwert von dem was euch zur Verfügung steht. Das größte Problem bleibt aber folgendes: Wir alle schreiten auf die 30 Jahre zu und sind die Generation Facebook. Und auch wenn wir regelmäßig mit Promotern und Abiturienten referieren, wir haben den Anschluss verloren – Die Generation Z ist schlichtweg zu schnell für uns.

Für mich als Chef bleibt also nur schweren Herzens eines übrig. Ich muss mein Kunstwerk einem anderen, einem frischeren, einem jüngeren Team vermachen, damit diese Location weiterhin eine Zukunft (in welcher Form auch immer) haben darf. Ich schaffe es nun auch als Vater nicht mehr den Kampf gegen die Konkurrenz und all die Probleme fortzuführen, ohne meine anderen geschäftlichen Vorhaben oder meine Familie zu vernachlässigen.
Wer sich diese Herausforderung zutraut und dazu noch das gewisse Kleingeld besitzt, der wird die Entscheidung langfristig nicht bereuen. Wir sind auch jetzt „in der schlechten Zeit“ immer noch die starke Nummer 1 hier im Norden, zumindest in unserer Größenordnung und in Anbetracht der Umstände! Auch die Nummer 1 muss ihren Titel aber irgendwann räumen, um Platz zu machen für frischen neuen Wind.

Ich möchte abschließend danke sagen! Danke liebe Gäste für eure Treue, danke an alle Mitarbeiter, auch die, welche uns beschissen haben. Danke an die Freunde und Feinde des Hauses, sowie meine werte Konkurrenz – Ihr habt mich trotz aller Krisen stets motiviert! Danke an alle Geschäftspartner, danke an alle Freunde, die geblieben sind. Danke an meine geliebte Familie!

Es war mir eine Ehre mit Ihnen feiern zu dürfen!

Joey Claußen